Die Kirche als Teil von „Muristan“

Muristan
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Mit dem Namen „Muristan“ bezeichnet man das annähernd quadratische Gebiet südlich der Grabeskirche bis zur Davidstraße. In seinem Zentrum befindet sich heute der griechische Basar, in seiner nordöstlichen Ecke steht die Erlöserkirche.

Im „Muristan“ befand sich bis in das 1. Jahrhundert v. Chr. ein Steinbruch, der zur Zeit Jesu durch Einschwemmungen von Humusschichten zu Gartenland geworden war. Bedeutung erlangte der Ort durch die Nähe zur vermuteten Kreuzigungsstätte Jesu. Dort ließ der römische Kaiser Hadrian um 135 n. Chr. auf einem Podium einen Aphroditetempel bauen – vielleicht als bewusste Überdeckung des christlichen Verehrungsortes. Die Talsenke südlich davon wurde aufgeschüttet. Im 4. Jahrhundert n. Chr. errichtete Kaiser Konstantin statt des Tempels das zentrale christliche Heiligtum, die Grabeskirche. Vermehrt strömten nun Pilger nach Jerusalem.

Auch nach der islamischen Eroberung 638 konnten christliche Pilger nach Jerusalem reisen. Im 9. Jh. stiftete Karl der Große auf dem Muristan ein Pilgerhospiz und eine Marienkirche. Kaufleute aus Amalfi gründeten im 11. Jh. die inzwischen wohl zerstörte Marienkirche und das Hospiz neu. In der Kreuzfahrerzeit (1099-1187) erlebte der Muristan seine Blütezeit als Pilgerzentrum. Hier wurde der Johanniterorden gegründet, der bis 1188 den riesigen Komplex mit Hospizen und Hospital für hunderte Pilger führte und um 1150 die Abtei St. Maria Latina neu erbaute. Ein Fußbodenmosaik der Kirche ist unter der Erlöserkirche noch sichtbar. Der Kreuzgang ist im heutigen aufgenommen.

Nach seinem Sieg über die Kreuzfahrer (1187) gründete Sultan Saladin ein Hospital auf dem Gelände, das seither den persischen Namen „Muristan“ („Krankenhaus“) trägt. Nachdem die christlichen Pilger einige Zeit außerhalb Jerusalems logieren mussten, war das ehemalige Johanniterhospiz im 14. und 15. Jahrhundert noch einmal in Funktion. Ab dem 16. Jahrhundert nahmen die Pilgerzahlen unter anderem durch die Reformation deutlich ab. Im ehemaligen Kloster St. Maria Latina bestand im 13. Jh. möglicherweise eine islamische Rechtsschule (Madrasa). Die verfallende Kirche beherbergte später ein Gefängnis und einfache Wohn- und Werkstätten. Der Kreuzgang diente zum Teil als Karawanserei. Der allmähliche Niedergang des osmanischen Reiches seit dem 17. Jahrhundert bewirkte auch den Niedergang Jerusalems. Im 19. Jahrhundert lag ein großer Teil des Muristan in Trümmern und war unter Schutt begraben.

Das Ausstellungskapitel verfolgt die Geschichte des „Muristan“ bis in das 19. Jahrhundert. Fundobjekte der Grabungen unter der Erlöserkirche und im Kreuzgang sowie Baufragmente erzählen von der mittelalterlichen Abtei St. Maria Latina und vom späteren Leben in ihren Ruinen. Kreuzfahrerzeitliche Pläne verdeutlichen das Pilgerleben. Fotos und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts zeigen den damaligen Zustand des „Muristan“.